Was ein Ladegerät für die Haushaltssteckdose (auch 'Schukolader', 'Notlader' oder 'Ladeziegel' genannt) in Punkto Aufladung leisten kann und was nicht, wurde hier im Blog an anderer Stelle ja schon öfter dargestellt. Aber mal ab von der Diskussion über die Leistungsfähigkeit und die Frage, ob die zum eigenen Fahrprofil passt: wie steht es um die elektrische Sicherheit? 😕
Dazu gibt es einige Mythen und Gerüchte, die sich auch teilweise recht hartnäckig halten. Darum sollen an dieser Stelle ein paar Fragen aufgegriffen werden, die gerne -machnchmal mit mehr, manchmal mit weniger Berechtigung- in die Diskussion geworfen werden. Beispiele:
- Überlaste ich mein Hausnetz?
- Können Ladegerät oder Dose womöglich einen Brand auslösen?
- Ist es egal, wo, wann oder wie lange ich lade?
- Welche Punkte gibt es ausserhalb der Sicherheit?
Dazu sollen hier einige Fakten zu technischen Hintergründen erklärt werden. 😎
Zunächst zu den Grundlagen: Ladegerät ist nicht gleich Ladegerät! Soll heissen, verschiedene Geräte werden mit verschiedenen Maximalleistungen ausgeliefert. Das Limit stellt dabei die maximale Absicherung einer normalen Schuko-Steckdose von 230 Volt dar. Diese beträgt 16 Ampere. Daraus ergibt sich: 230V x 16A = 3.680 Watt oder knapp 3,7 kW. Dies ist jedoch die Maximalleistung, normale Haushaltssteckdosen sich jedoch nicht darauf ausgelegt, diese als Dauerleistung zu liefern. 👈Die meisten Fahrzeughersteller liefern optional (!) Schukolader aus, die 10-12 Ampere leisten. Wer sich auf dem freien Markt umsieht, wird jedoch schnell herausfinden, dass die dort verkauften Geräte fast immer 16 Ampere maximal liefern (32A-Geräte für 7,4 kW lasse ich als Sonderfall aussen vor). Gegen Anschaffung und Betrieb solcher Geräte ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber unter zwei Bedingungen:
(1) Sie müssen den Normen entsprechen (GS- und CE-Kennzeichen).💣
Wozu das gut ist, sieht man gleich. Jedenfalls ist in Punkto elektrische Sicherheit Geiz alles andere als geil. Die Benutzung von Nonameprodukten zweifelhafter Herkunft oder zweifelhafter Sicherheitskennzeichen erfolgt im Wortsinne auf eigene Gefahr. Es gibt Spielräume, aber die auszunutzen ist genau das: ein Spiel mit gegebenenfalls recht hohem Einsatz.🎰
Auf das Hausnetz hat so eine Stromabnahme übrigens praktisch keinen Einfluss, dazu sind 3,7 kW auch in Dauerladung zu wenig, 11 kW+ pro Wohnung ist heute Standard. Es ist natürlich möglich, dass aus irgendeinem Grund die Einzelsicherung der Steckdose überfordert wird und diese herausspringt. Aber das tangiert das Hausnetz als Ganzes normalerweise nicht.😅
Wer sich darüber ein wenig informiert, stellt schnell fest, dass es Schukodosen ab wenigen Euro gibt - aber auch für €50 und mehr. Trotzdem steht fast immer 'belastbar bis 3,7 kW' darauf. Der Unterschied ist: die teureren Dosen halten höhere Leistungen auch über längere Zeiträume aus. Weil das Aufladen eines Fahrzeugakkus mit dem Schukolader generell in der Regel viele Stunden benötigt, ist das nicht nur eine sinnvolle, sondern unabdingbare Investition. Faustregel für Selbstbauer: Finger weg von allem unter €30 - und das ist die allerunterste Grenze.
Kritische Punkte der Wärmeentwicklung während der Ladung sind das Ladegerät, das Kabel des Ladegerätes, die Steckdose (genauer: vor allem die Kontakte darin) und die Zuleitung zwischen Ladegerät und Steckdose. Geregelt wird das über Hitzsensoren der Ladegeräte. Die können (oder sollten das können!) erkennen, wenn sich die Kontakte in der Steckdose erwärmen und reduzieren dann die Leistung oder schalten ganz ab. Bessere Schukodosen haben stärkere Kontakte und/oder eine Wärmeableitung oder sogar eigene Sensoren/Sicherungen. Wer mit billiger Ware auf alles verzichtet, geht hier eindeutig ins Risiko.
Dasselbe gilt auch sinngemäss für Verlängerungskabel. Es gibt Kabel, die man für Ladezwecke verwenden kann: ein Stecker, eine Buchse, für den Aussenbereich geeignet, mindestens 1,5mm2 Kabeldurchschnitt (besser mehr). Und ja, diese Kabel sind teurer als die für den Innenbereich!🔌 Neben der elektrischen Sicherheit verbessert man auch die Ladeeffizienz, weil dickere Kabel einen geringeren Innenwiderstand haben. Man spart somit Strom.
Die gute Nachricht lautet: Dosen oder Kabel brennen nicht - sie schmoren 'nur'. Es gibt schon ewig die Vorschrift, dass alle Teile einer Elektroinstallation (also auch z.B. Schalter und Kabel) aus brandhemmendem Material sein müssen. Auch hier gilt: wer billig kauft, hat im Fall des Falles selber Schuld. Aber selbst bis zum Schmoren dauert es eine Weile - vorausgesetzt, der Benutzer macht keine groben Fehler. Und hier gibt es einige Todsünden, beispielsweise:
- Betrieb des Ladegerätes an Verteilern. Es gilt: der Stecker des Ladegerätes führt in eine Einzelbuchse. Keine Kabeltrommeln (schon gar nicht teilweise aufgerollt und ohne eigene Sicherung!) oder sonstigen Verteiler. Auch nicht die teureren für den Aussenbereich, und schon gar nicht 3er für €2,99.😈
- Zusammenlegen von Kabeln. Wenn ein geeignetes Verlängerungskabel zu lang ist, darf man es weder aufrollen noch sonstwie eng zusammenlegen. Die Wärmeentwicklung potenziert sich dadurch, was speziell an warmen Tagen schnell unangenehm werden kann. Darum ist die feste Verlegung (auch eines Verlängerungskabels) immer vorzuziehen.
- Betrieb an unzureichender Sicherung. Idealerweise hängt die Steckdose mit dem fest installierten Ladegerät an einer eigenen Sicherung. Das ist aber ein in freier Wildbahn eher selten anzutreffender Zustand. Das zweitbeste geht aber auch, nämlich an einer Sicherung zu arbeiten, die sonst wenig belastet wird. Etwa für Garage oder Carport, an der sonst oft nur eine Beleuchtung hängt. Achtung: hier muss man prüfen, welchen Durchschnitt die Zuleitung hat, in der Vergangenheit wurde oft gespart. 1,25mm2 wie im Innenbereich sind für 3,7 kW zu wenig.💥
Nun kann man erkennen, warum die Autohersteller das als 'Notlader' bezeichnen: zu viele Fehlerquellen, die dadurch verursacht werden, dass Verbraucher zwar geübt sind im Umgang mit Haushaltsstrom. Aber die Dimension der Sicherheit dürfte den meisten nicht klar sein - und die Hersteller haben Angst, hier in eine Art moralische Mithaftung genommen zu werden. Weswegen sie sich wehren, indem sie den Schukolader als 'Notlader' titulieren: wirklich nur für den Notfall. Was technisch Quatsch ist, aber eine Mithaftung ausschliesst.
Wer sich dafür interessiert, für den gibt es hier einen Artikel mit einem Experiment, was technisch machbar ist, mit Zahlen und Daten: Link. Zum Schluss aber noch einen kurzen Abstecher zu einer anderen Fragestellung. Welche Auswirkungen hat den das Laden an der eigenen Steckdose auf die Kosten und die Lebensdauer des Fahrakkus?
Dazu habe ich zwei Antworten, zuerst die Kosten aufgrund eigener Erfahrung und Berechnung. Klar ist, dass je langsamer die Aufladung erfolgt, desto höher werden die Ladeverluste. Man bekommt also niemals so viele kW in den Akku, wie auf dem Zähler stehen. Somit weichen auch die Verbrauchsangaben des Bordcomputers von denen auf der Stromrechnung ab. Weil die Schukoladung mit maximal 3,7 kW die Langsamste von allen ist (und in meinem Fall sogar noch langsamer: 2,3 kW normal/1,8 kW gebremst), sind hier die Ladeverluste am höchsten.😒
Ich habe dazu Berechnungen angestellt, was mir leicht fällt, weil ich zum Zeitpunkt dieses Artikels noch nie am (Gleichstrom)Schnelllader war, 95% war Wechselstrom mit maximal 2,3 kW, nur wenige kW probeweise am öffentlichen 11-kW-Lader. Dazu das kalte Frühjahr, in dem der Akku vor Aufladung etwas vorgeheizt werden musste. Um es kurz zu machen: der durchschnittliche Verlust über 1.500 km betrug etwa 16,5%. Somit kostet eine Kilowattstunde aus der Hausleitung statt 30 ct etwa 35 ct. Was immer noch billiger ist, als die 40 ct am öffentlichen 11-kW-Lader der Stadtwerke um die Ecke. Darum -und wegen der Bequemlichkeit- habe ich auch ein paar Euro in eine feste (Schuko)Ladestation investiert.😅
Der andere Punkt ist der Akkuverschleiss. Es ist kein Geheimnis, dass Schnellladungen den Akku stärker beanspruchen als langsame (Wechselstrom)Ladungen. Darum zeichnen auch praktisch alle Fahrzeuge das Verhältnis zwischen den Lademöglichkeiten Gleich-, Wechsel- und Rekuperationsstrom auf. Wer ein Elektrofahrzeug gebraucht kaufen will, sollte sich das Protokoll unbedingt zeigen lassen. Da ich Privatfahrer bin (=kein Firmenfahrzeug) und gekauft habe (=kein Leasing) und überdies weiss, dass ich das Fahrzeug wahrscheinlich bis zur nächsten Neuanschaffung in 5-7 Jahren betreiben werde, gehe ich so schonend mit dem Akku um wie möglich. Da nur selten auf Langstrecke gehe und ich jetzt weiss, was es kostet (s.o.), sehe ich darin auch kein Problem. Zumal ich auch die 20-80%-Regel normalerweise einhalte. Wie das alles genau die Lebensdauer beeinflusst, lässt sich seriös noch nicht beantworten. Ich gehe aber davon aus, dass eine so schonende Behandlung des Akkus sich positiv auswirkt. 👍
Links:
Die eigene Schuko-Tankstelle im Selbstbau, Teil 1: Link
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