Sonntag, 14. Februar 2021

Projekt: Die eigene (Teil)Selbstbau-Stromtankstelle 1 - Grundlagen, Rechnung, Planung

Mit der Lademöglichkeit an der eigenen Wohnung ist das so eine Sache. Zum einen kann sich die technische Planung als nicht trivial herausstellen, zum anderen kann man über genehmigungstechnische Fallstricke stolpern. Und schliesslich muss ja auch noch die Finanzierung gesichert sein. Seitens des Gesetzgebers geht man davon aus, dass zukünftig ca. 75-85% aller Ladevorgänge zu Hause stattfinden. Das ist für Hausbesitzer oder -mieter (!) eine recht einfache Kiste, rechtlich wie auch (normalerweise) technisch und finanziell. 😅

Für Mieter und Miteigentümer in Wohnanlagen sieht das etwas anders aus. Darum wurde das WEMoG (Wohneigentums-Modernisierungsgesetz) erlassen. Seitdem darf die Schaffung einer Lademöglichkeit durch Miteigentümer oder Vermieter nicht mehr untersagt werden. Wer so eine Möglichkeit schaffen will, muss allerdings dann selber zahlen oder Mitstreiter finden. Der ganze Prozess ist aber dennoch nicht ganz einfach zu bewerkstelligen.

Bevor man sich jedoch den Diskussions- und Genehmigungsmarathon vollständig antut, sollte der erste Schritt in ein paar Überlegungen bestehen. Die Zahl, die es zu finden gilt lautet: wieviel Strom pro Tag (oder Woche etc.) benötige ich eigentlich? Danach kann man entscheiden, ob

(a) eine eigene Lademöglichkeit überhaupt erforderlich ist (öffentlich vs. privat, Menge, Zugang);

(b) wenn sie erforderlich ist, wie sie ausgelegt sein müsste (Wallbox oder Schuko);

(c) ob man das Projekt bezahlen kann oder will (Preis);

Grund für diese Überlegungen ist, dass man sich -mangels Erfahrung- leicht bei der Auslegung der Technik verschätzt. Soll heissen: man plant vorsichtshalber zu viel und zu gross und ist dann erstaunt bis erschrocken über die Zahl, die am Ende unter dem Voranschlag oder der Kalkulation steht. Das muss nicht sein - wenn man vorher auf Basis von soliden Zahlen kalkuliert anstatt auf Gefühlen.😒

Die einzigen Zahlen, die man vorab dafür braucht, sind die über das Jahr verfahrenen Kilometer, die man zu Hause nachladen könnte und der Verbrauch des genutzten Elektroautos. Seine Jahreskilometer sollte man kennen: man muss sie normalerweise bei seiner Versicherung angeben und -wichtig!- auch beim Kauf des Fahrzeuges berücksichtigt haben (s. Artikel Elektrobilität 2). Den Verbrauch kann man aus Erfahrung eingeben oder schätzen, indem man die Herstellerangabe nach WLTP plus 20% rechnet oder pauschal 20 kWh/100 km einsetzt. Dies sollte in den meisten Fällen mit Sicherheitsmarge funktionieren. Es sei denn, man fährt ein sehr grosses Auto (z.B. VW ID.4, BMW iX4, Audi, Porsche o.ä.). Dann sind 25 kWh/100 km besser.

Zunächst aber besteht aber der erste Schritt -wie oben beschrieben- in der Beantwortung der Frage, ob ich generell eine eigene Lademöglichkeit überhaupt will. Es könnte auch sein, dass ich eine öffentliche Säule direkt vor der Tür habe, auf der Arbeit laden kann oder regelmässig irgendwo einkaufe, wo ich ausreichend Strom bekomme. Wenn dem nicht so ist -oder man grundsätzlich gerne eine exklusive Lademöglichkeit hätte- folgt die Frage nach dem 'wie'. Dafür gibt es bei Hausbesitzern und -mietern mit Garage/Grundstück kaum Hürden, in Wohnanlagen kann die Situation wie Eingangs beschrieben komplizierter werden.

Angenommen, die Antwort lautet: 'Ja, ich will'. 😁 Dann kann man im zweiten Schritt anfangen mit dem Kalkulieren (zur Unterstützung gibt es hier auch eine Tabelle zur eigenen Kalkulation als ODS und XLS). Die Kalkulation dient dem Zweck, den eigenen Tagesbedarf an Strom zu erkennen, der zu Hause geladen werden soll oder kann. Danach kann man auch entscheiden, welcher finanzielle Aufwand sich rechnet (weil der Strom zu Hause billiger ist als an einer öffentlichen Säule) und welcher Aufwand nur der Bequemlichkeit dient.

Wodurch es danach möglich wird, den dritten Schritt zu gehen und zu entscheiden, wieviel man für was ausgeben will. Welche Möglichkeiten es gibt, wird im Artikel Elektromobilität 3 ausführlicher beschrieben.

Und um es ganz klar zu sagen: die meisten Leute brauchen wahrscheinlich keine Wallbox mit 11 kW Leistung. Bei einer unterstellten durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 km und einem resultierenden Stromverbrauch von ca. 3.000 kWh (bei 20 kWh/100 km), die zu 80% zu Hause geladen werden, kommt man auf 2.400 kWh pro Jahr. Wenn ich an einer normalen Schukodose mit 2,3 kW lade, sind das 1.043 Stunden pro Jahr Ladezeit. Auch bei nur 6 Stunden pro Nacht kommt man nur auf 174 Zyklen (Nächte). Der Akku eines modernen Fahrzeuges reicht in diesem Szenario für mehrere Tage, also würde eine Wallbox mit 11 kW praktisch ausschliesslich der Bequemlichkeit dienen, denn man hätte dank der höheren Ladegeschwindigkeit im Einzelfall weniger Ladevorgänge.

Womit man im dritten Schritt entscheiden kann, wieviel einem die Bequemlichkeit wert ist. Fertig. 😅

Eines sollte man jedoch immer berücksichtigen: die Frage, ob man überhaupt laden kann, stellt sich im Prinzip nicht (mehr). Die Frage ist nur wo, wann, wie lange, wieviel und zu welchem Preis. Wie es genau bei den 'Stadtimkern' gelaufen ist, wird in Teil 2 dieser Serie erklärt.

Links zur Serie:

Teil 2: Planung (Link)
Teil 3: Die Elektrik (Link)
Teil 4: Die Ladestele (Link)
Teil 5: Fertigstellung (Link)

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