Wie im ersten Artikel (Link) bezüglich der Batterie-Lebenszeit angekündigt, folgt hier nur der zweite Teil zum Recycling. Wie im Betrieb verhalten sich Fahrzeug-Antriebsbatterien auch danach grundsätzlich anders als andere wiederaufladbare Batterien, etwa in Unterhaltungsgeräten oder Werkzeugen. Warum Fahrzeugakkus wesentlich länger leben, wurde ja bereits in Teil 1 erläutert. Was nun aber, wenn es wirklich nicht mehr weitergeht? Wenn der Akku z.B. nur noch 50% Kapazität hat und dadurch für mich als Fahrzeugnutzer sinnlos wird? Kommt der Akku nun einfach auf den Müll? 😖
Kurze Antwort: sicher nicht, dazu ist er viel zu teuer. Auch dann noch, wenn er dank Nutzung oder Alterung stark degradiert ist, also an Kapazität verloren hat. Warum das so ist und welche Möglichkeiten der Weiterverwendung es gibt, soll hier im Folgenden betrachtet werden. Um das mit Zahlen zu hinterlegen und etwas konkreter darzustellen, nehmen wir an, wir haben einen Fahrzeugakku, der ursprünglich 60 kWh Kapazität hatte. Dies ist Mittelklasse, sehr viele Fahrzeuge sind mit Batteriekapazitäten zwischen 55 und 65 kWh ausgestattet - wie etwa mein ID3 Pro. Gesteht man so einem Fahrzeug eine reale Reichweite von etwa 300 km zu (20 kWh Verbrauch auf 100 km sind realistisch), würde diese bei halber Kapazität auf nur noch 150 km sinken. Ich stelle also irgendwann fest, bei meinem Nutzungsprofil reicht das nicht mehr - was kommt jetzt? 😕
a) Recycling
Im Gegensatz zu Verbrennern (bei denen es vom Beginn der Massenproduktion bis zur Altautoverordnung 90 Jahre dauerte), ist bei Elektrofahrzeugen Recycling von Anfang an ein Thema gewesen. Das ist auch ganz logisch, denn speziell Akkus sind recht teuer (Zahlen im nächsten Abschnitt), weil z.T. sehr teure Materialien verbaut werden. Der Preis kommt auch dadurch zustande, dass es von manchen Materialien -z.B. Kobalt- nicht endlose Mengen gibt, sodass eine Rückgewinnung nicht nur zweckmässig, sondern auch teilweise unumgänglich wird. Dazu kommen regulatorische Anforderungen, die sich auf einzelne dieser Stoffe beziehen. 😒
Alles in allem läuft die Entwicklung spezieller Recyclinganlagen bereits auf vollen Touren. Es gibt hierfür bereits Pilotanlagen in Deutschland. Involviert sind sowohl Fahrzeug- und Batteriehersteller, als auch Drittunternehmen (Links siehe unten). Interessante Randnotiz: in einem Bericht über so eine Pilotanlage sagte ein Betreiber, die Anlage würde energetisch fast ausschliesslich über die Restströme aus den angelieferten Batterien betrieben. Ein faszinierender Gedanke, finde ich.
b) Zweites Leben
Richtig gelesen, so etwas gibt es: der Akku wird in seinem degradierten Zustand unverändert (!) weiter verwendet. Dies ist derzeit nicht die Ausnahme, sondern die Norm! Grund ist der bereits aufgeführte -recht hohe- Preis für Hausspeicheranlagen. Wer eine Solaranlage auf dem Dach hat, kennt das: ich produziere am meisten Strom (Tag/Sommer), wenn ich wenig brauche, aber wenig Strom (Nacht/Winter), wenn ich viel benötige. Was dazu führt, dass ich für wenige Cents Strom ins Netz speise, den ich nicht verbrauchen kann. Um eben diesen Strom später teuer zurückzukaufen. Was selbstverständlich jeden Solardachbesitzer über einen Hausspeicher als Puffer nachdenken lässt, um damit den Verbrauchsanteil am selbst produzierten Strom zu erhöhen.
Leider sind diese Speicher bisher recht teuer, sodass man mit spitzem Bleistift rechnen muss. 😕 Es sei denn, die Akkus für den Hausspeicher werden wesentlich billiger. Etwa weil sie aus einem Elektroauto stammen. Zum Vergleich: der Neupreis eines Hausspeichers mit 3 kWh nutzbar (6 kWh brutto) liegt bei etwa €6.000, das sind ca. €2.000 je kWh nutzbar [alle Zahlen aus Mitte 2022].
Ein kompletter Fahrzeugakku in der Beispielgrösse von 60 kWh brutto (58 kWh netto) dürfte neu (!) zurzeit etwa €15.000 kosten, bei machen Herstellern etwas mehr, bei anderen etwas weniger. Das sind dann 'nur' €260 je kWh, also deutlich billiger als ein Hausspeicher. Der Fahrzeugakku ist nun aber gebraucht und hat in diesem Beispiel noch 30 kWh nutzbare Kapazität. Er ist damit 10 mal so gross wie der neue Hausspeicher, dürfte aber nicht viel mehr kosten - selbst wenn man für die Restkapazität den Neupreis (!) ansetzt. 💥
Nun lässt sich erkennen, weshalb ausgebaute Fahrzeugakkus zumindest bisher kaum zu bekommen sind: für Hausspeicher lässt sich hier ein regelrechtes Schnäppchen machen. Allein, es gibt bisher nur sehr wenige Angebote auf dem Markt. Doch je höher die Strompreise liegen, desto mehr Nachfrage wird hier generiert, denn bisher hat nur ein sehr geringer Teil der Dachstromproduzenten einen Hausspeicher. Logisch, denn bei niedrigen Strom- und hohen Speicherpreisen war das nicht lohnend. Beide Faktoren verschieben sich aber zurzeit stark. 👈
Manchmal kommt hier noch die Frage "aber der Akku degradiert doch weiterhin - lohnt das denn, wenn er von Anfang an nur noch z.B. 50% hatte?". Klare Antwort: ja! In einer Hausspeicheranlage wird der Akku nach Strich und Faden 'gestreichelt': Laden fast nur zwischen 40 und 80%, ziemlich optimale und gleichbleibende Temperaturen, sehr gleichmässige Ladeströme. Und ein Nutzungsprofil, dass z.B. weitere 5% Degradation problemlos verkraftet. Das hält viele Jahre, auch im gewerblichen Bereich - etwa im Stadion von Ajax Amsterdam!
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in absehbarer Zeit wohl kaum ein Fahrzeugakku auf dem Müll bzw. im Recycling landen wird. Das wäre auch -selbst einem stark degradierten Akku- unglaublich teuer. Generell kann das aber noch eine ganze Weile dauern, denn wie im ersten Teil schon gezeigt, dürften Jahre bzw. 100.000e km vergehen, bis das ein Thema wird - mit dem, was Batterietechnik und -managementsystem schon heute hergeben.Links:
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