Dies ist ein hervorragendes Beispiel für 'Verbrennerdenke', die sich aus einer lebenslangen Gewohnheit ergibt: ich warte, bis der Tank leer ist und dann mache ich ihn wieder ganz voll. Das ist auch vernünftig, weil ich so wenig Zeit an einer Tankstelle wie möglich verbringen möchte.
Was allerdings insofern für e-Autofahrer ein völlig falscher Ansatz ist, denn dadurch verlängert sich die Fahrzeit. Ich erklärte dem Mann also zunächst, dass er am besten sofort weiterfahren solle. Was ihn verblüffte, denn "der Akku ist doch noch gar nicht voll und dann muss ich bis nach Hause ja noch mal laden". Richtig, aber trotzdem irreführend. 😵
Ich erklärte ihm zunächst das Verhalten von e-Autos am Schnelllader. Die Ladekurve (die ich für sein Auto natürlich nicht kannte) und dass die Ladegeschwindigkeit mit dem Befüllungsgrad immer weiter sinkt. Davon hörte er zum ersten Mal und es stellte sich heraus, dass meine Ausführungen etwas sehr... theoretisch waren.
Mich zwang das nun dazu, mir ein praxisnahes Beispiel auszudenken und kam auf... (Tusch) die Formel 1. Richtig gelesen, Verbrenner par Excellence, das Epizentrum des Verbrenneruniversums sozusagen. Eine Zeit lang -so Anfang der 90er- hatte ich mich mal dafür interessiert. Und ich erinnerte mich an das Drama mit Reifenwechseln. Ich sagte dem BMW-Fahrer also, dass bei so einem Rennen nicht automatisch das Team mit den wenigsten Reifenwechseln gewinnt. Sondern das mit den geschicktesten Reifenwechseln. Wobei 'geschickt' meint: an den richtigen Stellen und zur richtigen Zeit. Denn der Wechsel führt zwar zu einem Zeitverlust bei der Fahrt in die Box, aber dafür kann das Fahrzeug hinterher deutlich schneller fahren. Eine richtige Ladestrategie ist auf der Langstrecke für den e-Autofahrer genauso wichtig wie eine richtige Reifenstrategie für den Formel-1-Piloten. 💥
Nach diesem Beispiel fragte ich den Mann noch, ob er bis nach Hause käme (nein), zu Hause laden könne (ja) und das Fahrzeug nach seiner Rückkehr noch einmal für eine längere Strecke bräuchte (nein). Dann sagte ich ihm, er solle mit 85% sofort weiterfahren und dann noch einmal laden. Dort aber eben nur soviel, dass es bis nach Hause reicht. Bis zur nächsten Nutzung wäre der Akku wieder voll - ohne extra Wartezeit. Diese Idee schien neu für den Mann zu sein, aber jetzt immerhin nachvollziehbar.
Dann stellte ich ihm noch die Handy-App ABRP (A better Route Planner, Android-PlayStore-Link) vor, denn die Navis der meisten Fahrzeuge konnten zu der Zeit nur sehr dürftige Planungen anbieten. Das ist heute schon besser geworden, aber ABRP ist nach meiner Meinung immer noch Klassenbester. Obwohl ich selbst nach über 3 Jahren Erfahrung und einer stark verbesserten Infrastruktur heute nur noch sehr selten plane.
An diesem Beispiel erkennt man, dass sich beim Umstieg auf Elektro im Kopf ein wenig Flexibilität angebracht ist. So kann man überflüssigen Frust vermeiden. 💡