Sonntag, 4. August 2024

Veränderungen im Kopf - Unterschiede auf der Langstrecke eAuto vs. Verbrenner

Vor einiger Zeit traf ich mal beim Laden an der Autobahn einen BWM-Fahrer an der Ladesäule. Wir kamen ins Gespräch und er erklärte mir, dass er von den Ladezeiten etwas enttäuscht sei. Auf Nachfrage warum, meinte er: "Bis der Akku wieder ganz voll ist, dauert es ja ewig." Ich warf einen Blick auf die Säule, die Ladeleistung wurde (bei 85% oder so) mit 45 kW angegeben. Als ID.3-Fahrer wird man da übrigens neidisch, aber das ist eine andere Geschichte. 😈

Dies ist ein hervorragendes Beispiel für 'Verbrennerdenke', die sich aus einer lebenslangen Gewohnheit ergibt: ich warte, bis der Tank leer ist und dann mache ich ihn wieder ganz voll. Das ist auch vernünftig, weil ich so wenig Zeit an einer Tankstelle wie möglich verbringen möchte.

Was allerdings insofern für e-Autofahrer ein völlig falscher Ansatz ist, denn dadurch verlängert sich die Fahrzeit. Ich erklärte dem Mann also zunächst, dass er am besten sofort weiterfahren solle. Was ihn verblüffte, denn "der Akku ist doch noch gar nicht voll und dann muss ich bis nach Hause ja noch mal laden". Richtig, aber trotzdem irreführend. 😵

Ich erklärte ihm zunächst das Verhalten von e-Autos am Schnelllader. Die Ladekurve (die ich für sein Auto natürlich nicht kannte) und dass die Ladegeschwindigkeit mit dem Befüllungsgrad immer weiter sinkt. Davon hörte er zum ersten Mal und es stellte sich heraus, dass meine Ausführungen etwas sehr... theoretisch waren.

Mich zwang das nun dazu, mir ein praxisnahes Beispiel auszudenken und kam auf... (Tusch) die Formel 1. Richtig gelesen, Verbrenner par Excellence, das Epizentrum des Verbrenneruniversums sozusagen. Eine Zeit lang -so Anfang der 90er- hatte ich mich mal dafür interessiert. Und ich erinnerte mich an das Drama mit Reifenwechseln. Ich sagte dem BMW-Fahrer also, dass bei so einem Rennen nicht automatisch das Team mit den wenigsten Reifenwechseln gewinnt. Sondern das mit den geschicktesten Reifenwechseln. Wobei 'geschickt' meint: an den richtigen Stellen und zur richtigen Zeit. Denn der Wechsel führt zwar zu einem Zeitverlust bei der Fahrt in die Box, aber dafür kann das Fahrzeug hinterher deutlich schneller fahren. Eine richtige Ladestrategie ist auf der Langstrecke für den e-Autofahrer genauso wichtig wie eine richtige Reifenstrategie für den Formel-1-Piloten. 💥

Nach diesem Beispiel fragte ich den Mann noch, ob er bis nach Hause käme (nein), zu Hause laden könne (ja) und das Fahrzeug nach seiner Rückkehr noch einmal für eine längere Strecke bräuchte (nein). Dann sagte ich ihm, er solle mit 85% sofort weiterfahren und dann noch einmal laden. Dort aber eben nur soviel, dass es bis nach Hause reicht. Bis zur nächsten Nutzung wäre der Akku wieder voll - ohne extra Wartezeit. Diese Idee schien neu für den Mann zu sein, aber jetzt immerhin nachvollziehbar.

Dann stellte ich ihm noch die Handy-App ABRP (A better Route Planner, Android-PlayStore-Link) vor, denn die Navis der meisten Fahrzeuge konnten zu der Zeit nur sehr dürftige Planungen anbieten. Das ist heute schon besser geworden, aber ABRP ist nach meiner Meinung immer noch Klassenbester. Obwohl ich selbst nach über 3 Jahren Erfahrung und einer stark verbesserten Infrastruktur heute nur noch sehr selten plane.

An diesem Beispiel erkennt man, dass sich beim Umstieg auf Elektro im Kopf ein wenig Flexibilität angebracht ist. So kann man überflüssigen Frust vermeiden. 💡

Dienstag, 2. Juli 2024

Erfahrungsbericht Ladeerlebnis - ist Tanken und Laden dasselbe?

Dies ist -nach über 3 Jahren Elektromobilität- der erste Artikel, der sich nicht mit Technik oder Markt befasst, sondern mit dem Ladevorgang an sich. Dabei soll hier nicht der Vorgang an sich im Mittelpunkt stehen, sondern mehr das Drumherum. Das ist nach meinem Gefühl anders als das Tanken früher.

Wobei vorausgeschickt werden muss, dass hier nur die Rede ist vom Laden auf der Langstrecke. Dies ist dem klassischen Tankstopp sehr ähnlich, während alle anderen Ladevorgänge, etwa am Einkaufszentrum oder zu Hause nicht verlangen, dass man dabei steht und wartet. 🔔

Als Verbrennerfahrer kannte ich das immer so: anhalten, tanken, gegebenenfalls Snack, bezahlen, gegebenenfalls Toilette (wieder bezahlen...👿), gegebenenfalls Snack essen oder Beine vertreten, weiterfahren. Fun Fact am Rande: viele Leute glauben, das alles würde im Durchschnitt nur 5 Minuten dauern. Die Tank & Rast (als Raststättenbetreiber deutscher Quasi-Monopolist) führt allerdings schon sehr lange eine Statistik darüber und weiss es besser: demnach beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer eines (Verbrenner)Fahrers etwa 20 Minuten. Aber das nur am Rande.

So ähnlich kann man das als Elektrofahrer natürlich auch gestalten. Der Unterschied im Handling ist minimal: nach dem Starten des Ladevorganges muss man nicht zur Kasse, aber dafür ist der Weg zu Snack und Toilette meist etwas weiter, weil die Ladesäulen zumindest an den Autobahnraststätten meist weiter entfernt gebaut wurden, während die Tanksäulen und Kasse als Einheit geplant wurden. Wer an einer entsprechenden reinen Elektroladestelle lädt, wird eine ähnlich Planung wiedererkennen, Toiletten, Cafe und oft WLAN inklusive. Etwas weniger futuristisch, als das was sich die KI im Bild oben ausgedacht hat, aber schon nahe dran.

Noch interessanter aber finde ich persönlich etwas, was ich als Verbrennerfahrer in fast 40 Jahren nie erlebt habe: Gespräche mit anderen Fahrern. Die Themen waren dabei recht variabel:

- Unterschiede in Modellen. Anscheinend reden die meisten Elektrofahrer gerne über ihr Auto. 😉

- Zubehör. Ich hatte mal ein längeres Gespräch mit anderen ID.3-Fahrern, die mich nach meinen Erfahrungen mit dem Fahrradträger befragt haben.

- Optimale Ladestrategien. Gerne genommene Sachen sind hier eingebaute Autonavis vs. ABRP.

- Allgemeine Erfahrungen. Schon öfter sind Verbrennerfahrer an der Säule an mich herangetreten und haben mich nach allem möglich gefragt, etwa der Reichweite, dem Preis oder der Dauer einer Ladung. Einmal hatte ich eine interessante Diskussion mit einem Mann, der gerade sein Fahrzeug auf Gas umrüsten liess. Randbemerkung: ich hielt und halte das für einen technisch und versorgungsmässig problematischen Weg, die einzige Gastankstelle bei uns im Kreis wurde mittlerweile geschlossen. Trotzdem ein interessantes Gespräch!

Mittlerweile ist die Elektromobilität so weit vorangekommen, dass nicht mehr jedes Fahrzeug neugierig beäugt wird. Aber trotzdem kann man sich noch immer gemütlich die Zeit vertreiben, dass jemand hier grundsätzlich ablehnend war, habe ich noch nie erlebt. Insgesamt lautet mein Fazit daher: entspannter ist es ja... 👍

Sonntag, 4. Februar 2024

Geld verdienen mit dem eigenen Auto (3): die Entwicklung der THG-Quote

Nachdem jetzt einige Zeit seit dem letzten Artikel zu diesem Thema vergangen ist, möchte ich an dieser Stelle mal ein paar Worte zu der allgemeinen Entwicklung verlieren. Es war ja von Anfang an klar, dass die möglichen Maximalbeträge der Auszahlungen sinken würden. Das liegt vor allem natürlich daran, dass die Anzahl der berechtigten Elektrofahrzeuge seit 2022 drastisch angestiegen ist. Und damit natürlich auch die Anzahl der Leute, die was von dem Kuchen abhaben wollen (obwohl interessanterweise nur etwa 75% ihr Fahrzeug einreichen 😕). Seit 2021 ist allerdings auch die Wirtschaft im Rückwärtsgang. Weniger Industrieproduktion bedeutet auch weniger Nachfrage nach Emissionszertifikaten. Und wenn weniger Nachfrage auf ein steigendes Angebot trifft, sinken die Preise.

Konkret werden voraussichtlich für 2024 auf unter €100 gehen, darauf deuten zumindest die angebotenen Garantien hin. Hier nun die Entwicklung in der Übersicht, 2024 ist geschätzt:


2022 2023 2024 (g)




Quote (in €) 350 255 90
Strompreis (kWh) 0,4 0,4 0,35
Reichweiten km (Verbrauch):


ID.3 (20kWh) 4375 3188 1286
Dacia Spring (13,5 kWh) 6481 4722 1905

Da ich bei demselben Anbieter geblieben bin und dort nur ein 'ich will noch ein Jahr weitermachen'-Button anzuklicken ist, lohnt die Sache wegen des geringen Aufwandes insgesamt immer noch. 1.000-2.000 km/Jahr umsonst bzw.  9-13 tkm über 3 Jahre kann sich trotzdem sehen lassen.

Übrigens: die Prämien dürften in Zukunft wieder höher sein, weil der Preisverfall wohl auf... nicht ganz reguläre Weise zustande kam. Näheres dazu im Blogartikel ganz unten.

Links:

Geld verdienen mit dem eigenen Auto, Teil 1: THG-Grundlagen (Link)
Geld verdienen mit dem eigenen Auto, Teil 2: Detaillierte Abrechnung 2022 (Link)
THG-Quoten im Sinkflug: Blogartikel (Link)

Sonntag, 14. Januar 2024

Fahrzeugmarkt 2023: Alle Jahre wieder

Das Jahr 2023 ist vorbei und somit mal wieder Zeit für ein kleines Fazit. Wie hat sich der Automarkt im Allgemeinen und der für Elektrofahrzeuge im Besonderen entwickelt? Der Gesamtmarkt stieg um 7%, vollelektrische Fahrzeuge legten um 11% zu. Demzufolge stieg deren Marktanteil leicht von 17,7% auf etwa 18,4%.

Man sieht in diesem Überblick verschiedene Entwicklungen. Plugin-Hybride haben stark verloren, diese bekommen schon seit längerem keine Förderung mehr und dürften auch als Nische nicht mehr lange produziert werden. Erkennbar wird auch, dass das Wachstum beim Elektroantrieb hauptsächlich zu Lasten des Diesels geht. Das dürfte auch mit dem Preisanstieg beim Diesel zu tun haben, der Unterschied zum Benzin war z.T. praktisch nicht mehr vorhanden und die geringere Besteuerung soll zukünftig weiter abgeschmolzen werden. Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Entwicklung undenkbar gewesen.

Geht man nun in die Monatszahlen, zeigt sich ein recht unterschiedliches Bild. Prägnant sind hier die Monate Januar, August und Dezember (der Dezember 2023 ist zum Vergleich mit drin). Es gab in diesen Monaten jeweils einen Schub, weil im darauffolgenden Monat die Fördermittel gekürzt (Januar) bzw. gestrichen (September gewerblich, Januar 2024 privat). Die Marktanteile stiegen in den Monaten davor logischerweise deutlich über die 18,4% des Jahresdurchschnittes, um direkt danach zu sinken. Hier handelt es sich oft um vorgezogene Neuzulassungen für Fahrzeuge, die erst Wochen oder sogar Monate später auf die Strasse kamen.

Der Überblick über die letzten Jahre schliesslich zeigt in der folgenden Grafik, dass das stürmische Wachstum dieser Zeit nachgelassen hat:

Sonntag, 20. August 2023

Haltbarkeit von Fahrzeugakkus, neue Erkenntnisse

Es gibt eine Menge Gerüchte bezüglich der Haltbarkeit von Fahrzeugakkus. Und die meisten sind genau das (und nur das): Gerüchte. 😒 Was allerdings zählen sollte, ist die Datenlage. Die leider bisher insgesamt unzureichend ist, denn dafür bräuchte man Langzeiterfahrungen, die wiederum bisher nicht vorliegen. Im Prinzip gibt es am Markt bisher 3 Fahrzeuge bzw. Fahrzeugtypen, die 10 Jahre und mehr vorweisen können: Nissan Leaf 1, Renault Zoe (erste Modellreihe) und Tesla Modelle S und X. Nissan und Renault muss man hier aber gleich aussortieren. Der Leaf 1 hatte keinerlei Batteriemanagementsystem (BMS), den Zoe gab es nur mit Leihbatterie. Überdies sind beide Fahrzeuge aufgrund ihrer Fahrzeug- und Akkugrösse auch eher Kurzstreckenfahrzeuge, die oft nicht wirklich hohe Kilometerleistungen erreichen. 💡

Bei Tesla sieht das aber anders aus, die genannten Einschränkungen gibt es hier nicht. Es gab praktisch von Anfang an eine Gemeinde, die -inzwischen durch hohe Verkaufszahlen stark angewachsen- ziemlich penibel Buch führt. Wie viele Kilometer wurden gefahren, wie alt sind Fahrzeug und Akku, wieviel Ladung kam aus dem Schnelllader, der Rekuperation und Wechselstromladern, wie schnell baut die Batterie ab (Degradation)? Man darf diese Daten natürlich nicht einfach auf den Gesamtmarkt hochrechnen, denn die ältesten dieser Fahrzeuge der Modelle S und X waren (und sind) im 6-stelligen Bereich und damit recht teuer. 😐 Tesla verbaute dafür (jedenfalls in der Akkutechnik bis zur Einführung der LFP-Technologie) teurere Rohstoffe und gab sogar anfangs unbeschränkte Garantien dafür. Nach nunmehr über 10 Jahren gibt es somit eine solide Datenbasis, wenn auch mit Einschränkungen.