Grundsätzlich ist es beim Fahren eines Elektroautos erforderlich, gewisse Grundgegebenheiten immer im Kopf zu behalten. Das sind Erfahrungswerte, die sich mit der Zeit ergeben. Beim Übergang zur Elektromobilität ist speziell zu beachten, dass sich manche der Erfahrungswerte vom Verbrenner nicht übertragen lassen oder diesen sogar konträr entgegen stehen. Einer davon mit Bezug auf Verbrauch und Reichweiten soll hier vorgestellt werden.
Genauer gesagt geht es darum, dass beim Laden eines Akkus Ladeverluste entstehen - und wie sich das auf Reichweitenberechnungen auswirkt. 😕 Der Neu-Nutzer eines Elektroautos wird vermutlich besonders am Anfang einen näheren Blick auf den Verbrauch werfen, um ein besseres Gefühl für die Reichweiten zu bekommen. Bei mir war das jedenfalls so; ich habe -wie bei jedem anderen Fahrzeug vorher auch- am Anfang ein paarmal den Verbrauch gemessen. Nicht, um den Normverbrauch der Prospekte zu überprüfen, sondern um zu verstehen, wohin die Reise ungefähr geht.
Und ich bekam sofort folgendes Bild: der Bordcomputer (BC) meldete bessere Zahlen als der Stromzähler. Aha: SCHUMMEL! 😈 Oder doch nicht? Ich musste mich erst einmal etwas in die Materie einlesen, um zu verstehen, was hier passiert und warum. Und welche Auswirkungen es auf die Reichweitenberechnungen hat.
Konkret hatte ich meinen ID.3 mehrmals mit dem von VW mitgelieferten Schukolader aufgeladen und den geladenen Strom mittels eines (allerdings eher ungenauen) Softwarezählers einer WLAN-Steckdose ermittelt und mit dem Bordcomputer verglichen. Die Differenz des Zähler betrug etwa BC plus 15%. Also zeigt der BC geschönte Werte an - oder nicht? Später -ich hatte mittlerweile einen etwas genaueren Unterzähler installiert- wuchs die Differenz sogar auf über 18%. Was war da los? 😕
Antwort: Ladeverluste. Batteriesysteme laufen immer mit Gleichstrom, aber aus der heimischen Leitung (egal ob Schuko oder Wallbox) kommt immer Wechselstrom. Den muss man mit Hilfe eines Wechselrichters umwandeln, dabei entstehen Wandlungsverluste. Diese sind umso höher, je niedriger die Ladeleistung ist (aber auch Kabellänge und -durchmesser spielen eine Rolle). Soll heissen: 2,3 kW ist mit den höchsten Verlusten behaftet, 3,7 kW ist etwas besser, 11 kW noch besser. Der einfache Grund: eine längere Betriebs(=Lade)dauer des Wechselrichters bedingt höhere Verluste.
Gleichstrom am Schnelllader hat niedrigere Verluste, etwa in Form von Wärme. Die fallen allerdings an der Säule an, der Fahrer bezahlt also überwiegend nicht dafür. Allerdings gilt auch, dass Schnelllader den Akku deutlich stärker belasten. Man kann sich also mit den Ladeverlusten über die Zeit eine verlängerte Akkulebensdauer erkaufen. Alle Fahrzeuge führen intern Protokoll über die Anteile an geladenem Strom, aufgeteilt nach Gleichstrom, Wechselstrom und Rekuperation. Dies wird bzw. ist sicher das zentrale Dokument beim (Elektro)Gebrauchtwagenkauf. 😲 Es gibt hierzu bereits die ersten Angebote am Markt, u.a. vom ADAC und andern kommerziellen Anbietern wie Aviloo.
Nun gut - welchen Einfluss hat das aber auf die Reichweitenberechnung? Ganz einfach: während ich bei einem Verbrenner den errechneten Verbrauch auf den Tankinhalt hochrechnen kann (z.B. 9 Liter/100, 36 Liter in den Tank, also: 400 km Reichweite), führt das mit der Ladung aus der heimischen Steckdose in die Irre. Denn was aus der Leitung kommt, ist also nicht das, was im Akku landet. Das muss man verstanden haben. Hierzu einige Beispielrechnungen, um das zu verdeutlichen.
Der ID.3 Pro hat eine Akkukapazität von etwa 58 kWh. Wenn ich nun zu Hause mit dem Schukolader lade und errechne aus der am Zähler angezeigten Ladung einen Verbrauch von z.B. 22 kWh/100 km, dann würde meine Reichweite also rechnerisch 58/22 = 263 km betragen. Nun werfe ich aber einen Blick auf den BC und der sagt z.B. Verbrauch 18 kWh/100 km. Das wären dann 58/18 = 322 km Reichweite, also deutlich mehr. 👆 Die Differenz sind die Umwandlungs- oder Ladeverluste, die auf dem Weg zwischen der Steckdose und dem Akku verloren gehen.
Wie aber sieht es nun am Schnelllader aus? Auch hier gibt es Verluste, die aber nichts mit Umwandlung zu tun haben. Da ist erst einmal das Kabel zu nennen, das gekühlt werden muss. Aber hier spielt auch das Fahrzeug mit, denn manche Modelle wärmen den Akku bei oder nach Anfahrt der Ladestation auf, wodurch speziell im Winter ebenfalls Energie verbraucht wird. Der Unterschied zum heimischen Schukolader: die Ladeverluste zählen nicht mit, sondern gehen zu Lasten der Säule (bzw. des Lieferanten).
Links:
VW - Ladeverluste reduzieren: Link
ADAC - Ladeverluste beim AC-Laden vermeiden: Link
ADAC - Batteriecheck Elektrofahrzeuge: Link
Carmaniac - Batteriecheck nach 180.000 km: Link (Video Youtube)
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