Sonntag, 18. Dezember 2022

Degradation des Akkus - Reparaturmöglichkeiten, Preise, Verwertung

Bereits in mehreren Beiträgen wurden hier Fragen zum Akku erörtert. Beispielsweise, warum ein Fahrzeugakku und ein Handyakku nicht vergleichbar sind, wie es um Recyclingmöglichkeiten steht oder um die Lebensdauer in Jahren und Kilometern. Was bisher noch nicht so ausführlich zur Sprache kam, ist die Frage der Reparaturen: ist das möglich und wie kompliziert ist das überhaupt? Um das zu verstehen, muss man den Aufbau von Elektrofahrzeugen und deren Fahrakkus einmal näher betrachten. 👆

Praktisch alle haben heute Batteriepacks, die aus mehreren Modulen bestehen, die miteinander verbunden sind und in einer Wanne liegen. Allgemein gesagt, kann man den Unterboden aufschrauben und das Pack als Ganzes herausnehmen. Danach kommt man an die Module heran und kann diese einzeln austauschen. Sinnvoll ist das, weil eine Batterie nicht als Ganzes degradiert. Sondern einzelne Module verlieren stärker an Kapazität als andere. Darum wäre ein Komplettaustausch in der Regel auch wirtschaftlich nicht sinnvoll. Da stellen sich natürlich mindestens zwei Fragen: was kosten Module und wie arbeitsintensiv (zeitlich und damit auch finanziell) ist der Austausch? 😕

Bezüglich der Kosten muss man natürlich nach der Akkugrösse bzw. der Anzahl der Module fragen. Die Hersteller verwenden wie gesagt eine Art Wanne, in die mehr oder weniger Akkumodule gepackt werden. Dadurch können verschiedene Akkugrössen (und damit Reichweiten und Preise) angeboten werden. Vor einem Austausch werden die Module durchgemessen und die Problemmodule identifiziert. Nur diese werden dann ausgetauscht. Leider nennen die Hersteller dafür bisher keine oder kaum Preise, aber man kann versuchen, diese herunterzurechnen.

Komplette Akkus kosten zurzeit einen fünfstelligen Betrag, je nach Fahrzeug etwa zwischen €10.000 und €25.000. Das hängt wie gesagt von der Kapazität ab, 100 kW kosten etwa doppelt soviel wie 50 kW. Er hat i.d.R. auch doppelt soviele Module. Genau geht die Rechnung zwar nicht immer auf, denn es ist möglich, die Modulgrösse zu variieren und es gibt verschiedene Hersteller und Akkutechnologien. Aber für eine Schätzung soll das erst einmal reichen. Nehmen wir z.B. einen mittelgrossen Akku wie dem im ID.3 'Pro' mit 58 kW. Den ID.3 gibt es auch mit Akkus von knapp 40 ('Pure') bzw. 80 kW ('Pro S'). Daraus schliesse ich, dass es Module mit jeweils etwa 10 kW gibt: 4 im Pure, 6 im Pro und 8 im Pro S (das letztere Pack wird auch so im ID.4 bzw. ID.5 verbaut).

Bei geschätzen Kosten von etwa €12.000, die VW mal für den mittleren (6-Modul-) Akku herausgegeben hat, kostet ein Modul somit etwa €2.000. Wenn man davon ausgeht, dass durchschnittlich 2 Module zum Austausch fällig werden, würden die Materialkosten €4.000 betragen, plus Einbau. Es kommt wahrscheinlich darauf an, wie lange man mit dem Austausch eines defekten Modules wartet. Je länger diese Phase ist, umso schneller bauen die anderen Module in der Zwischenzeit ab. Welche Module betroffen sind, lässt sich mit den derzeitigen Batterie-Management-Systemen (BMS) übrigens schnell herausfinden. Tesla macht sowas sogar per Ferndiagnose.

Der Arbeitsaufwand ist dagegen eine andere Sache. Konstruktionsbedingt wird normalerweise der Ausbau der gesamten Wanne am Unterboden fällig. Danach wird die Verkapselung geöffnet und die fälligen Module werden ausgetauscht. Für verschiedene Fahrzeugtypen ist dies unterschiedlich aufwändig, im Allgemeinen dürfte es sich grob im mehrstündigen Bereich bewegen, vermutlich ein halber Tag oder mehr. Die Kosten dafür dürften irgendwo zwischen €500 und €1.000 liegen.

In diesem Beispiel würde also ein Akku für €4.500-5.000 wieder fit gemacht für (wahrscheinlich) ein paar weitere Jahre. Aber das müssen Langzeiterfahrungen zeigen, die es zurzeit einfach noch nicht gibt.

Was hier nicht eingerechnet ist: die alten Module haben trotz der Degradation noch einen erheblichen Wert! Vermutlich werden die Werkstätten bzw. Hersteller versuchen, sich das einzusacken. Aber wie damit umzugehen ist, steht auf einem anderen Blatt. Näheres dazu findet sich im Artikel zum Batterierecycling (zweiter Teil, 'Zweites Leben', Link).


Links:

Die MEB-Plattform von VW: Youtube Kurzvideo, englisch (Link)
Batterielebensdauer und Recycling I: Link
Batterielebensdauer und Recycling II: Link

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