Sonntag, 26. September 2021

Erfahrungsbericht Langstrecke mit dem ID.3 (1): Schnelllader, Ladung am Ziel, Ausland (Dänemark)

Nachdem nun der Urlaub in Flensburg vorbei ist, soll hier ein Erfahrungsbericht über die erste richtige Fernfahrt Auskunft darüber geben, wie es gelaufen ist. Was war gut? Was war nicht so gut? Was hätte besser oder schlechter laufen können?

Zuvor soll allerdings noch kurz dargestellt werden, was eigentlich die Ziele der hier beschriebenen Aktivitäten waren. Das ist nicht ganz unwichtig, denn ansonsten wird manchem Leser an der einen oder anderen Stelle zweifellos der Gedanke 'was sollte das denn?' kommen. Also eine kurze Liste vorneweg:

- Planung vorab, um ein Gefühl zu bekommen. Und zu sehen, ob das funktioniert.
- Erfahrungen sammeln bezüglich tatsächlicher Reichweite und Verbrauch.
- Erfahrungen sammeln durch Einsatz der 'We Charge' Ladekarte, wo möglich.
- Realistische Fahrweise (bis 100 auf Landstrassen und 130 auf der Autobahn).
- Erfahrungen sammeln bezüglich Verfügbarkeit und Auslastung von Ladesäulen.
- Einbeziehung der Fahrräder (hinten quer auf AHK) in Planung und Beobachtung.

Was dabei herauskam, soll hier im Folgenden beschrieben werden. Aus bestimmten Gründen wurde der bisherige Verbrauch nicht mit einbezogen; mehr dazu im nächsten Artikel. 😏

(1) Vorplanung

Die Vorplanung erfolgte mit ABRP; wie man das macht, steht auch in einem Artikel hier im Blog. Ursprünglich waren 300 km geplant, was bei 100% Akku (ich weiss ja vorher, wann ich losfahre und mache den Akku daher ausnahmsweise voll) theoretisch machbar erschien. Bei allerdings 90% Autobahnanteil und Fahrrädern hinten drauf sollte ein Zwischenstopp vorsichtshalber zumindest möglich sein. Nach etwas Herumspielen am Verbrauch, den ich von den bisherigen tatsächlichen 17 kWh auf 24 kWh erhöhte und einem Umweg zum Imkershop von etwa 30 km war das Thema erledigt, denn die von mir angepeilten 30% Rest bei Ankunft waren da nicht mehr drin. Ein Stopp an der Raststätte Brokenlande knapp 100 km vor dem Ziel sollte die Lösung sein, Laden von etwa 13 auf 67%. 😲

Nun erscheint 13% etwas knapp (zumindest mir), da reine Schätzung. Weil ich sehr unsicher war, ob meine Annahmen und Werte stimmen, erweiterte ich den Plan um zwei weitere Autobahn-Ladestationen als Reserve: Lüneburger Heide (bei Soltau) und Harburger Berge (kurz vor Hamburg). Wohlgemerkt: das habe ich nicht gemacht, um zu wirklich zu laden. Sondern nur, um eine Prozentanzeige 'Plan' zu haben, den ich später gegen die Anzeige 'Realität' im Auto halten konnte. Denn bei dieser allerersten Fahrt konnte ich weder meinen Schätzungen noch der Planung wirklich vertrauen. 😇 Für Lüneburger Heide wurde von ABRP ein Akkustand von 62% vorhergesagt, in den Harburger Bergen sollten noch 44% übrig sein.

(2) Geplanter vs. tatsächlicher Verbrauch

Überraschendes Ergebnis: in beiden Fällen stimmte die Vorhersage auf das Prozent genau. 😎 Es war natürlich eine Menge Glück, dass ich offenbar beim Verbrauch so gut geschätzt hatte. Wobei ich sagen muss, dass ich da von meinem Prius einiges an Erfahrung mitbringe - nur eben mit Benzin. Der Punkt ist aber: ich war ab da wesentlich entspannter, dass auch der Rest bis zur geplanten Ladung realistisch wäre. Vorausgesetzt natürlich, ich versuche nicht, regelmässig 160 zu fahren. 😈 Was sich allerdings mit Fahrrädern grundsätzlich nicht empfiehlt. Als wir die Raststätte Brokenlande erreichten, waren glaube ich noch 12% angezeigt, also praktisch eine Punktlandung. Und obwohl keine weitere Station in der Nähe ist, war ich zu diesem Zeitpunkt völlig sicher, dass das klappt. Für den Umgang mit Reichweitenangst sind solche Erlebnisse unbezahlbar.

(3) Verfügbarkeit und Auslastung

An den Ladern in Brokenlande (Autobahn, mehrere jeweils von Ionity und E.On) erwarteten mich ein Ionic 5 und ein Tesla M3. Ich musste nicht warten, die We.Charge-Ladekarte von VW (als Mitglied im Ionity Konsortium) schaltete die Säule in ein paar Sekunden frei. Die Ladesäulen waren gut ausgeschildert, leicht zu finden und befanden sich am Ende der Raststätte (hinter Tanke, WC und einem Restaurant). Wir hatten Zeit für einen Toilettengang (etwas weiter), ein halbes Brötchen und ein kurzes Gespräch mit einem neugierigen Verbrennerfahrer, der seinen Hund Gassi führte. Dann waren die 24 Minuten um, die die Ladung der 31 kW laut Ladeprotokoll dauerten (mir kam es viel kürzer vor) und wir erreichten erfolgreich mit 29% oder so unsere Unterkunft in Flensburg.

Bei unserer Unterkunft gab es keinerlei Lademöglichkeiten (weswegen ich mir die 30% am Ziel gesetzt hatte), aber in Flensburg gibt es in der Stadt einiges an 22-kW-Ladern an attraktiven Standorten. Diese hatten allerdings jeweils nur eine Säule mit 2 Ladepunkten. Zweimal kam ich dabei im Laufe einer Woche nicht zum Zug: einmal in der Innenstadt und einmal im CITTI-Einkaufszentrum (kostenlos). Beide Male hingen Elektrofahrzeuge an den Leitungen. Gestört hat mich das nicht, denn im Gegensatz zu Verbrennern lädt man Elektrofahrzeuge eher zwischendurch aus Gelegenheit, denn aus Notwendigkeit. Oder, weil es umsonst ist. 😊 In allen Fällen (mit und und ohne Bezahlung) schaltete die We.Charge-Karte die Säulen erfolgreich ohne Probleme frei.

Dann ging es zu einem Ausflug über die dänische Grenze ins knapp 50 km entfernte Sonderburg. Die insgesamt 100 km waren noch im Akku, aber trotzdem nutzte ich die Gelegenheit, einen der schön am Hafen gelegenen Ladeplätze auszuprobieren. Auch hier bekam ich nach wenigen Sekunden mit der Karte Strom am 22-kW-Lader. Es wurde nicht angezeigt, aber auch diese Ladung war kostenlos. 💪 Wenn auch auf 7,4 kW gedrosselt. 😅 Man kann eben nicht alles haben. Trotzdem war nach einem zweistündigen Bummel der Trip dorthin im Prinzip kostenlos.

Wieder auf der Rückfahrt von Flensburg nach Hause war es dann nicht ganz so lustig. Brokenlande war wieder ok (inklusive eines netten Gespräches mit einem anderen ID.3-Fahrer über Fahrradträger), aber ab Hamburg war der Elbtunnel gesperrt und es herrschte überall Chaos. Als Station hatte ich mir eigentlich Ionity Harburger Berge ausgesucht, aber die Auffahrt hinter dem Maschener Kreuz Richtung Süden war auch gesperrt (direkt neben der Auffahrt gibt es einen Autohof mit Allego-Schnelllader, aber das wusste ich nicht und das VW-Navi zeigte nur die Tanke dort an 😖). Wieder auf der Autobahn fuhr ich daher die Station Seevetal an. Kein Ionity wie in Gegenrichtung, aber eine einsame EnBW-Säule mit 300 kW. Zum Glück war ich alleine; da das keine 'vollwertige' Raststätte ist und die Toiletten überlaufen waren, lud ich nur wenige Minuten nach. Ich wollte nur sicher sein, dass ich den Lader Lüneburger Heide erreiche, wo ich dann eine richtige Pause machte. Mit 18 Minuten eigentlich zu lang, denn am Ende verliess ich die A7 wegen eines langen Staus bereits in Soltau und kam daher mit reichlichen 26% zu Hause an. Aber gut, unter dem Strich habe ich die weitaus meiste Zeit (über 2 Stunden) durch Staus verloren, nicht durch die überflüssigen 10 Minuten Ladezeit.

Fazit: etwas Planung (beim ersten Mal gerne auch etwas mehr) ist hilfreich, ebenso wie realistische Verbrauchswerte zu kennen. Die We.Charge-Karte hat mich voll überzeugt und ist einfacher als das Gefrickel mit Ladeapps, auch wenn man dort im Einzelfall etwas bessere Preise bekommt. Schön finde ich auch Gespräche mit anderen Leuten während der 'Ladeweile', das kannte ich von der Tanke nicht. Die Navisoftware von VW muss dringend mehr auf Elektro angepasst werden (was soll ich mit der Anzeige von Tankstellen, speziell wenn die keine Ladesäulen haben?), aber das kommt sicher noch. 

Ein anderer ID.3-Fahrer erzählte mir, dass er so eine Tour auch gemacht hat, aber nach Holland. Er meinte, da müsste man gar nicht mehr planen - man könne sich darauf verlassen, dass immer irgendwo eine Säule in der Nähe sei. Davon sind wir leider noch etwas entfernt und wie man in Teil 3 sehen wird, ist da auch nicht alles Gold, was glänzt. Aber ich bin trotzdem zufrieden mit dem ersten Test, Elektromobilität funktioniert für mich und mit jedem Kilometer steigt die Erfahrung und es wird einfacher. 😅

Links:

Erfahrungsbericht Langstrecke: Teil 2 (Link)
Erfahrungsbericht Langstrecke: Teil 3: Niederlande 1/2 (Link)
Erfahrungsbericht Langstrecke, Teil 4: Niederlande 2/2 (Link)

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