Sonntag, 16. Januar 2022

Erfahrungsbericht Langstrecke mit dem ID.3 (4) - Im Ausland (Niederlande) und Rückfahrt - Teil 2

Fortsetzung von Teil 1 (Link)

Nach der Ankunft waren die folgenden 11 Tage in Punkto Ladeerfahrung in Holland überwiegend -aber nicht nur- positiv. Weil plangemäss bei Ankunft noch 30% im Akku waren und ich somit Spielraum hatte, untersuchte ich gleich vor dem ersten Einkauf die Lademöglichkeit in der nahegelegenen Kleinstadt Boxtel (etwa 32.000 Einwohner), wobei sich ein Vergleich mit Nienburg (35.000) natürlich aufdrängt, zumal beide dieselbe Fläche haben. Und hier ist er: Nienburg hat grosszügig gerechnet 20 Ladestellen, für Boxtel standen etwa 40 zu Buche. 😕 Einziger Haken: in Nienburg steht ein 150-kW-Schnelllader am Stadtrand, in Boxtel muss man auf die Autobahn und 2 km fahren. Dort stehen dann allerdings je Richtung gleich 8 (!) Schnelllader von Fastned zur Verfügung. Sie zu benutzen ist auch kein Problem: die Abfahrten davor/danach liegen nur wenige Kilometer auseinander, Dach, Appsteuerung und WLAN sind Standard.👍

Ich wollte aber zum Einkaufen auf den Wochenmarkt im Zentrum (speziell von Fisch- und Käseliebhabern zu Recht gelobt) und getreu der Devise 'steht er - lädt er' an einer 11-kW-Säule in der Nähe parken. Der von der ID.3- und der EnBW-App ausgewiesene Parkplatz war frei, ich schloss den Wagen an, hielt die Karte hin und... nichts passierte. 😖 Zum ersten Mal überhaupt bekam ich keinen Strom mit meiner We.Charge-Karte. Nun gut, fragen wir die EnBW-App. Die sagte: "Achtung, der Anbieter akzeptiert nur Karten, das Laden per App ist nicht möglich." 😡 Dann fand ich (wieder dank der EnBW-App) heraus, dass die örtlichen Stromversorger/Stadtwerke in NL anscheinend generell nur mit Karten arbeiten - trotz vorhandener Scancodes auf den Säulen. Und meine We.Charge-Karte wurde nicht akzeptiert... Also flugs die ID.3-App konsultiert und den Filter 'Nur We.Charge-fähige Säulen anzeigen' aktiviert. Die nächsten Punkte wurden in nur etwa 100 Metern Luftlinie Entfernung angezeigt.

Allego war ein zuverlässiger Lieferant mit We.Charge
Was folgte, war eine etwa ein Kilometer lange Fahrt durch ein Labyrinth von Einbahnstrassen, aber es waren Säulen da. Leider nicht 4 wie angezeigt, sondern 'nur' 3 aber egal, es waren welche frei. Und die Karte wurde wieder nicht genommen. 😖Die EnBW-App zeigte auch hier wieder an: keine Freischaltung per App. Offenbar hatten die Säulen den Betreiber gewechselt, aber die We.Charge-App wusste noch nichts davon. Wieder kein Strom - schade. 😥

Überhaupt habe ich in den Niederlanden die Erfahrung gemacht, dass der derzeitige Betreiber einer Säule den Systemen nicht immer bekannt ist. Ich habe mehrmals von We.Charge, EnBW und Google Maps gleich drei verschiedene Angaben bekommen. Einmal hatte ich sogar den Fall, dass keiner der drei richtig war. 😎 Aber die Auswahl war aber so gross, ich habe immer irgendwo irgendwas bekommen. Später habe ich auch herausgefunden warum: in den Niederlanden kann jeder Besitzer eines Elektroautos einen Antrag an die Gemeinde auf Aufstellung einer öffentlichen Ladesäule stellen - und die muss ihn dann beschaffen. 😲 Kein Wunder, dass es mehr gibt als in Deutschland, wo einem erst mal erklärt wird, warum das nicht geht - sogar, wenn man selbst bezahlen will.

Bei der nächsten Einkaufsfahrt zu einem der örtlichen Supermärkte war ich dann schlauer. Ich schaute mir auch die angezeigten Betreiber genauer an. Es standen noch mehrere Säulen mit 'Shell ReCharge'-Label drin, aber anscheinend hat Shell zumindest die 22-kW-Lader allesamt abgegeben. Ich suchte mir also einen Supermarkt mit einem anderen Betreiber in der Nähe (wie gesagt: so eine Auswahl ist möglich). In dem Fall wurden mir mehrere von Vattenfall angezeigt und ich wählte einen etwa 250 Meter vom Markt entfernten. Wieder folgte ein Zugang über mehrere Einbahnstrassen, aber: ein Lader war wie vorher angezeigt frei und ich bekam endlich mal Strom. 😌

Kaum bis keine Probleme hatte ich auch bei Ladern von Allego und 'SlimLaden' (wer immer das ist). Lediglich die Beschilderung ist... gewöhnungsbedürftig, ohne Hilfe des Navis wäre es teilweise sehr schwierig geworden. Ebenso hat mich genervt, dass die Bedienung der Säulen teilweise unterschiedlich ist: mal erst den Stecker in die Säule, dann wieder kommt zuerst die Karte oder doch zuerst das Auto anstecken. Erst hinschauen, danach anfangen. Am besten jedesmal aufs Neue.😆 Die Preise wurden mir übrigens immer vorher korrekt angezeigt und waren bei jedem Anbieter anders. Sie lagen zwischen 33 und 48 Cent/kWh. Das muss man vorher nachsehen, denn keiner (!) der AC-Lader hatte ein Display. Am Schnelllader mit We.Charge-Karte oder EnBW-App war ich immer mit 55 Cent dabei.

Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, lief es ziemlich glatt. Vor jeder Fahrt in eine Stadt oder zu einem Ausflugsziel habe ich nachgesehen, wo ein Parkplatz mit einem Lader vor Ort oder zumindest in der Nähe ist. Das Entscheidende hier ist: es gibt solche Plätze fast immer! 😎 Das ist in Deutschland leider noch ganz anders. Somit hatte ich -trotz der in NL gefühlt erheblich höheren Anzahl von Elektrofahrzeugen- auch nie ein Problem eine passende freie Säule zu finden. Und am Schluss hatte ich dann auch mal richtig Glück: unsere Vermieter gaben auf Nachfrage in der letzten Nacht eine Steckdose für den mitgebrachten Schukolader frei. Somit musste ich nicht mit 60% oder so starten, sondern hatte am Morgen der Abfahrt 100% im Akku. Das war natürlich Top.

Die Rückfahrt passte schliesslich passte am Ende ins Bild. Ich hatte eine andere Route gewählt (über Arnheim und Osnabrück, am Ruhrgebiet vorbei), die erste Station war der Rastplatz Bentheim-Süd direkt hinter der Grenze. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass dort ein EnBW-Lader steht, wäre ich vorbei gefahren: das erste Hinweisschild stand erst in der Abfahrt.💥 Die Ladung per App funktionierte wieder problemlos, wobei es dort weder Dach noch kostenloses WLAN gab und man zur Versorgung über eine Brücke auf die andere Seite der Autobahn muss. Der zweite Stopp (eigentlich überflüssig, mehr so zum Test) am Ionity-Lader Dammer Berge Ost war sogar noch einfacher, weil hier wieder die We.Charge-Karte genutzt wurde.

Dort hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem BMW-Fahrer. Er beklagte sich, dass die versprochenen 400 km Reichweite nach WLTP in der Praxis nur 200 km wären und dass das Nachladen auf 100% (!) auch am Schnelllader so lange dauern würde. Wobei ich mit meinem ID.3 von 46 kW Ladeleistung bei 91%, die bei ihm angezeigt wurden nur träumen kann - doch das nur nebenbei. 😜 Ich erklärte ihm dann, dass (a) 100% am Schnelllader kein erstrebenswertes Ziel sind, (b) was eine Ladekurve ist und (c) dass die Planung mit ABRP das Leben leichter macht. Es kam auch noch ein weiterer (Verbrenner)Fahrer mit zur Diskussion, der gerade seinen Benziner auf Gas umrüsten liess und 'lieber auf Wasserstoff warten' wollte. Wie immer, war die Runde insgesamt... interessant. Ich liebe das.😉

Dank der Geschwindigkeitsbegrenzungen vor allem in Holland (dort gilt zumeist 120 km/h auf der Autobahn und 100 km/h (!!) zwischen 6 und 19 Uhr) und den gemässigten Temperaturen von etwa 10-12 Grad kam mein ID.3 auf der Strecke von 400 km auf einen Verbrauch von 17 kWh. Betrachtet man das Gesamtbild (Temperatur 10 Grad, Zuladung von 2 Personen und vielleicht 50 kg Gepäck) ist das mehr als akzeptabel. Zusammenfassend bin ich zufrieden, auch wenn es noch etlichen Verbesserungsbedarf gibt - auf beiden Seiten der Grenze. Vor dem nächsten Trip dieser Art werde ich mich jedenfall neu informieren und gegebenenfalls mindestens eine zweite Karte beschaffen. 👆 Mehr braucht man allerdings nicht, denke ich. Ok, wenn Tesla seine Lader für Nicht-Tesla-Fahrer öffnet,... 😁Doch das entscheide ich, wenn es soweit ist.

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